Olympische Spiele haben ihre eigenen Gesetze. Das war längst bekannt, als Patrick Ortlieb 1992 in Albertville an den Start ging. Der Vorarlberger, eigentlich als Gleit-Spezialist bekannt, nahm die Abfahrt auf der sehr anspruchsvollen und kurvenreichen „La face de Bellevarde“ in Val-d’Isere mit Startnummer 1 in Angriff. Kaum jemand dachte zu diesem Zeitpunkt, dass Ortlieb um den Sieg mitsprechen würde. Der talentierte Bregenzer zeigte zwar früh in seiner Karriere Potenzial, hatte jedoch mit Verletzungen zu kämpfen, flog immer wieder aus diversen Kadern und schaffte es nur dank Beharrlichkeit und starkem Willen an die erweiterte Weltspitze. Ein Weltcuprennen gewinnen konnte Ortlieb vor den Spielen 1992 nicht. Doch in Frankreich schlug seine große Stunde. Jene Zeit, die er mit Startnummer 1 in den Schnee knallte, wurde von keinem anderen Läufer geknackt und Ortlieb kürte sich zum Olympiasieger.
In den folgenden Jahren schaffte es der Speed-Spezialist 20-mal auf das Weltcup-Podest, er feierte vier Siege. Den zweiten ganz großen Erfolg seiner Karriere feierte Ortlieb bei der um ein Jahr verschobenen WM in der spanischen Sierra Nevada. Vor dem Italiener Kristian Ghedina und dem Franzosen Luc Alphand wurde er Weltmeister in der Abfahrt. Mit diesem Titel beendete er eine unrühmliche österreichische Durststrecke: 14 Jahre lang fuhr kein rot-weiß-roter Rennläufer in der Abfahrt auf ein WM-Podest.
1999 kam Ortlieb im Training für die Hahnenkamm-Abfahrt in Kitzbühel an der Hausbergkante schwer zu Sturz, zog sich einen Trümmerbruch im rechten Oberschenkel sowie eine Absplitterung an der Hüftpfanne und weitere Verletzungen zu und beendete kurz darauf seine aktive Karriere. Danach wagte Ortlieb einen Ausflug in die Politik, war im Österreichischen Skiverband tätig und führt mit seiner Familie das Hotel Montana in Oberlech.